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Humanist vielleicht und vielleicht liberal; Menschenfreund im Allgemeinen; reflektierend; angeborener Gerechtigkeitssinn

Freitag, 18. November 2011

Christen in Ägypten - Revolutionsverlierer

- in der Mehrzahl Kopten - sind nach in den Medien naiverweise viel gepriesenen "Arabischen Frühling" und dem "demokratischen Neuanfang" in Ägypten vermehrt Anschlägen ausgesetzt, wie der Standard und der Deutschlandfunk aufmerksam verfolgen. Nun diese Lage ist für das orientalische Christentum nicht neu, doch haben in Ägypten seit dem Ende Mubaraks die Angriffe nicht nur auf die Energieleitungen nach Israel sondern vor allem auf religiöse Minderheiten arg zugenommen:

10. Oktober 2011: 26 Tote
10./11. Oktober 2011: Schlägertrupps in Kairo
11. Oktober 2011: Rücktritt des ägyptischen Finanzministers als Reaktion
17. November 2011: Schlägertrupps in Kairo
30. Dezember 2011: Brandschatzungen christlicher Wohnhäuser und Läden in Assiut, Mittelägypten
30. Dezember 2011: Gedenken an die Anschläge in Alexandria
Hier mehr aktuelle Entwicklungen

Sicherlich ist religiöser Extremismus nicht ein Massenphänomen, aber das braucht er auch nicht, um das bisherige Zusammenleben in den arabischen Ländern (siehe z.B. Irak) empfindlich zu stören. Auch eine Handvoll sunnitische Extremisten können, wenn sie sich geschickt anstellen, im Handstreich hunderte von Christen verletzen, töten etc.. Mubarak hatte sie einigermaßen im Griff. Die neue "Demokratie" hat sie nicht im Griff. Sie schreitet zwar gegen die Extremisten ein, aber auch nur, weil der Westen entsprechend protestiert und die USA das Händchen dem Geldhahn nähern... Ja, sie sehen sich als "Revolutionsverlierer". Und das gleiche Schicksal steht Syrien bevor, wenn Assad die Demos in seinem Land nicht in den Griff bekommt. Sicherlich sind seine Gegner auch zum Teil Demokraten (es ist kein Zufall, aber dafür ein starkes politisches Zeichen, daß die beiden Damen auf dem Foto unter ihrem Schleier kein einziges Haar hervorschauen lassen), aber auch zum Teil nicht. Da gibt es sicherlich Teile, die nach blutiger Rache gegen Assad und seine Clique, die Alawiten und den Rest dürsten. Die neuere Geschichte des Morgenlandes lehrt, daß diese Gruppen in einem Umsturz gute Chancen haben, die politische Macht an sich zu reißen - oh, wie wird dann das Blut fließen... Der Iran ist ein Paradebeispiel dafür: während der Revolution zogen Demokraten, (schiitische) Religiöse, Gewerkschafter etc. an einem Strang. Die Religösen zogen die Macht an sich. Nach der Revolution floß entweder das Blut oder die ehemaligen Kampfgefährten mußten emigrieren. Effektiv hat die iranische Revolution zu weniger politischer Freiheit im Vergleich zum Schah geführt. Im Irak war es ähnlich: die Lage unter Hussein war wesentlich stabiler und (für den Großteil der Bevölkerung) sicherer als nach der "amerikanischen Befreiung", deren Früchte die Iraker immernoch nur in der Ferne ahnen können. Mit der von den glorreichen Amerikanern gebrachten Demokratie ist es auch nicht so weit her... Nun ist meine Frage: warum sollte es in anderen Ländern des Morgenlandes anders laufen? Worin bestehen die strukturellen Unterschiede? Ich kann keine plausible finden... Den morgenländischen Christen stehen schwere Zeiten bevor...

P.S. Jedoch möchte ich betonen, daß man dieses thema sehr differenziert betrachten muß, im Gegensatz Du broderischen Schwarz-Weiß-Schreibern wie Ulrich W. Sahm.

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